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Menth und King Size Dick: „Die kölsche Sproch stirbt aus“

Moderator JP Weber spricht bei Loss mer schwade mit Jupp Menth und King Size Dick. Foto: Eduard Bopp

Köln | Da war ein Duo richtig im Angriffsmodus: Beim Kult-Talk „Loss mer schwade“ sprachen die Karnevals-Urgesteine Jupp Menth und King Size Dick bei Moderator JP Weber „Em Hähnche“ über viele Themen. Dabei sparten sie nicht mit Kritik gegenüber dem Festkomitee, neuen Kölner Bands und dem aktuellen Sitzungskarneval.

Zusammen stehen beide seit 95 Jahren auf den Bühnen Kölns. Heinz Gnass, alias King Size Dick, feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Jubiläum, Menth ist als „Ne kölsche Schutzmann“ schon seit 35 Jahren als Büttenredner dabei. Sie begeistern seit vielen Jahren die Generationen mit ihren frechen Texten in der kölschen Sprache. Jedoch befürchten die zwei Karnevalisten, dass Kölsch bald in den Köpfen der Menschen ausgestorben ist.

„Ich kann nichts anderes als Kölsch. Ich bin ein Straßenkind und da gab es früher keine andere Sproch“, erinnert sich Menth an seine Kindheit. „Ich habe immer das Gefühl, dass wir Kölschen hinter einem Stuhl sitzen und uns verstecken, weil wir Angst haben, dass es als Gossensprache angesehen wird. Ein Hamburger oder Münchner hat auch keine Hemmungen, seinen Dialekt zu sprechen. Wir müssen die Menschen in den Sälen wieder dazu bringen, Kölsch zu sprechen. Denn das ist die Heimatsprache unserer geliebten Stadt und diese droht Auszusterben.“

King Size Dick kritisiert Kölner Bands

Ähnlich sieht es King Size Dick. Auch der Musiker nimmt kein Blatt vor den Mund. „Wir sind hier keine kleinen Menschen, sondern wir sind kölsche. Ich bin eine kölsche Jung, Ende, aus!“ Der Urvater des Kölschrock glaubt einen Grund des Verfalls der Sprache gefunden zu haben. „Es kommen immer mehr Immis in unsere Stadt. Sie sollen hier Wohnen und Leben dürfen, sie sollen uns aber nicht vorschreiben wie wir zu sprechen und wir unseren Fasteleer zu feiern haben. Die Immis wollen die kölsche Sprache kaputt machen, aber da mache ich nicht mit.“

Der Musiker King Size Dick kritisiert in der Lokalität „Em Hähnche“ den Verfall der kölschen Sproch. Foto: Eduard Bopp

Aber nicht nur die nach Köln gezogenen Leute ärgern King Size Dick, sondern auch Musiker, die mit dem Karneval ihr Geld verdienen, aber Kölsch nicht sprechen können. Ihnen fehle seiner Ansicht nach das Gefühl für Köln. „Die Bands haben ein Lied, lassen sich das auf Kölsch übersetzen und lernen das auswendig. Herz und Seele fehlen aber. Die können kein Kölsch. Sie hüpfen über die Bühne wie Osterhasen. Die Lieder von Willi Ostermann waren Geschichten mit Tiefgang. Heute ist das nicht mehr so. Die Bands im Karneval schreiben heute Texte mit „Trallala und leck mich am Arsch“ und es wird ein Hit. Leider!“

King Size Dick: „Kölsche Sproch stirbt aus“

Der 80-Jährige, der 2000 die Ostermann-Medaille verliehen bekommen hat, kritisiert: „Weil sie aber selbst kein Kölsch mehr sprechen können, lernen sie die Aussprache einfach auswendig. Das hört sich aber nicht gut an, es fehlt dabei einfach an Herz und Seele. Sie haben zwar drei Hits geschrieben, aber Kölsch können sie nicht.“

Aber auch das Festkomitee des Kölner Karneval kam bei „Loss mer schwade“ nicht ungeschoren davon. „Die Proklamation des Prinzen ist dringend renovierungsbedürftig“, findet Menth. Der Büttenredner führt aus: „Bei der Prinzenproklamation sitzen in den ersten Reihen nur die Freibiergesichter. Wenn da so ein feiner Herr im schwarzen Anzug sitzt, der versteht Kölsch gar nicht.  Der Karneval lebt aber von Freude und Emotionen. Das fehlt leider mittlerweile. Besonders bei den großen Sitzungen.“

Seine Erklärung: „Angeblich wollen die Leute in den großen Sälen wie dem Gürzenich oder Satori kein Kölsch mehr hören. Deshalb wird es immer weniger zu hören sein. Man muss auf der Bühne sagen dürfen, was man will. Darum geht es im Fasteleer. Wenn man hier versucht, einem zu gefallen, ist man falsch am Platz. Drei, vier Witze erzählen in einer Gummihose mit Rheinbacher Dialekt, das ist nicht kölscher Fasteleer“ Deshalb meidet Menth mittlerweile Auftritte auf den großen Bühnen und redet lieber in einem kleineren Rahmen. Über 1.000 Menschen in einem Saal sind ihm jetzt zu viel.

Auch King Size Dick klagt: „Heute kommt eine Band nach der anderen. Früher wurde bei einer Sitzung wirklich gesessen. Da kamen Tanzgruppen, Redner und Musiker. Die Leute haben keine Lust mehr zuzuhören.“

JBüttenredner Jupp Menth macht sich viele Gedanken über das Aussterben der kölschen Sprache und den Kölner Karneval. Foto: Bopp

„Für die großen Säle fehlen mir mittlerweile die Nerven. Wir Redner sind sensible Menschen, sonst könnten wir das nicht machen. Wenn ich auf der Bühne merke, dass ich beim Publikum nicht ankomme, weil mich keiner mehr versteht, dann geht mir das schon nah“, gibt der 76-Jährige zu. „Ich habe lieber Auftritte in einer urigen kölschen Kneipe als im Gürzenich.“

Wie lange sie im Kölner Karneval noch auftreten wollen, entscheiden sie von Jahr zu Jahr. Menth: „Ich bin vogelfrei und kann machen, was ich will. Ich möchte nicht, dass die Leute irgendwann sagen: „“Nehmt endlich den alten Mann von der Bühne.““ Bis dahin ist zum Glück noch viel Zeit und Menth und King Size Dick werden die kölsche Sproch weiter in ihrer Heimatstadt verbreiten!

LMS-Talk mit Marita Köllner und dem Dreigestirn

Der letzte Talk ist vor dem nächsten Talk. Bereits am Montag, den 13. März geht es bei „Loss mer schwade“ weiter. Um 20 Uhr erwartet dann Moderatorin Marita Köllner besondere Prominenz. Das Dreigestirn wird „Bei d`r Tant“ über die letzten Monate und ihre aufregende Session erzählen. Live dabei sein können Sie leider nicht mehr, die Lokalität ist bereits ausgebucht. Jedoch haben wir natürlich wieder einen Livestream auf der Facebook-Seite von „Loss mer schwade“. Wir freuen uns auf euch!

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