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„Von Scholz verraten“: Kölner Wirten droht Kneipensterben

An den Tresen der Stadt könnte es bald leer(er) werden. Foto: Bopp

Köln | Eine gesamte Branche unter Schock.

Die angekündigte Wieder-Erhöhung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie sorgt bei den Kölner Wirten für Entsetzen.

Denn weitere Preisanhebungen sind quasi unumgänglich, Restaurantbesuche werden so für viele Bürger möglicherweise unerschwinglich.

Was sind die Folgen, wie ist die Stimmung in der durch die Corona-Pandemie ohnehin schon gebeutelten Szene?

Im Gespräch mit Loss mer schwade beziehen Maike Block (Foto: Nazan Arslan), Geschäftsführerin der einflussreichen IG Kölner Gastro, und Vorstand Till Riekenbrauck stellvertretend für ihre hunderte Kollegen als Mit-Betroffene Stellung!

IG Gastro-Duo kritisiert Entscheidung der Mehrwertsteuer-Erhöhung

Was sind die unmittelbaren und mittelbaren Folgen der Mehrwertsteuer-Erhöhung?

Maike Block: Für eine wirtschaftlich gesunde Kalkulation müsste die Erhöhung direkt auf den Speisenpreis umgelegt werden. 
Insbesondere zum Jahresbeginn erwarten die Gastronomie noch weitere Preissteigerungen.

Durch Mauterhöhung steigen die Fracht- und Rohwarenpreise der Lebensmittel und Getränke, der Mindestlohn wird angehoben und auch eine Erhöhung der Energiepreise ist bereits angekündigt.

Die erwartete Konsequenz ist klar: Restaurantbesuche könnten für Gering- und auch Normalverdienende unerschwinglich werden. Wir werden Stammgäste verlieren, insgesamt sind weniger Gäste zu erwarten. 

Till Riekenbrauck: Kurzfristig wird jeder seriös arbeitende Gastronom seine Speisen um 12 % erhöhen müssen. Keiner wird das kompensieren können. Mittelfristig wird es für einige sehr schwierig werden, weil Preissensible Gäste ausbleiben werden. Es wird Schließungen geben zwangsläufig.

Und langfristig?

Maike Block: Langfristig gedacht setzt man die gastronomischen Unternehmer*innen damit einem existenziellen Risiko aus, sie verlieren ihre Lebensgrundlage, müssen schließen und etliche Arbeitnehmer*innen verlieren ihre Anstellung.  Auch Stadtentwicklung und Tourismus geraten in Gefahr. 

Die Gastronomie bietet einen sozio-kulturellen Raum.

Entscheiden sich zukünftig mehr Gastronom*innen gegen die Fortführung oder Eröffnung eines Restaurant oder Cafés bedroht das Schwinden des gastronomischen Angebotes die städtische Entwicklung und die gesamte touristische Dienstleistungskette und damit auch die Wertschöpfung innerhalb der Stadt. 

Die Gastronomie ist nicht nur direkter, sondern auch bedingender Wirtschaftsfaktor.

Der DEHOGA schätzt die Zahl der Bundesweiten Schließungen auf 12000.

Maike Block

Fühlt ihr euch als Gastronomen von der Politik , auch der Kölner, da verraten?

Till Riekenbrauck: Die Kommunalpolitik ist an der Stelle leider machtlos. Trotzdem hatten wir uns natürlich Einflussnahme von unseren lokal gewählten Vertretern in Berlin erhofft. Wir appellieren an Wüst und das Land NRW ihre Macht in Berlin einzusetzen, um für unsere Sache ein gutes Wort einzulegen und ggf. sogar im Bundesrat ein Veto einzulegen.

Von der Ampelregierung, allen voran Olaf Scholz, fühlen wir uns verraten und betrogen. Gerade die sozialorientierten Parteien fördern den anti-sozialen unnachhaltigen Lieferdienst mit dieser Entscheidung.

Maike Block: Das ausgesprochene Wahlversprechen, man hielte an der Steuererleichterung fest, fühlt sich an wie ein Schlag ins Gesicht und der Bruch dessen wiegt schwer. 

Es herrscht Ernüchterung und auch Verzweiflung unter den Gastronom*innen. 
Es ist allerdings ein bundespolitisches Thema und lässt sich gerade nicht auf die Kölner Politik übertragen.

Kann man in Prozenten abschätzen wie viele Betriebe dadurch dicht machen werden?

Maike Block: Der DEHOGA (Deutsche Hotel- und Gaststättenverband) schätzt die Zahl der Bundesweiten Schließungen auf 12000.

Till Riekenbrauck: Es wird leider 10-30 % treffen, befürchte ich. Es werden neue Konzepte in den frei werdenden Ladenlokalen öffnen. Aber diese werden immer weniger individuell und viel systematischer sein. Was ein großer Schaden für die gastronomische Vielfalt sein wird.

Leckere Koteletts drohen unerschwinglich zu werden. Foto: Bopp

Wie „verkauft“ man die teureren Speisen und Getränke den Kunden?

Maike Block: Eine große Crux ist der Umstand, dass die Gäste ja selbst den Preissteigerungen in jedem Bereich bereits ausgesetzt sind und auch für die Endkund*innen jeder Lebensmitteleinkauf eine hohe Belastung ist. 

Selbst, wenn man die Gastronomie unterstützen möchte und Verständnis haben möchte, ist das teilweise einfach gar nicht möglich. 

Wir versuchen Transparenz zu schaffen und zu erklären, was das Ende der Steuererleichterung bedeutet, dennoch gehen wir nicht davon aus, dass das Besuchsverhalten unserer Gäste sich nicht ändern wird im kommenden Jahr.

Till Riekenbrauck: Das geht nur durch Transparenz. Man wird dem Kunden erklären müssen, dass nicht wir an den höheren Preisen verdienen, sondern (Stief-)Vater Staat.

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