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Interview: OB als Ziel – So will dieser Mann Köln verändern

Foto: Michael Zellmer

Köln | Er will antreten!

Bei Hans Mörtter (69) stand das Telefon seit Veilchendienstag kaum still. Der frühere Pfarrer der Lutherkirche in der Südstadt hatte vor 2500 Zuhörern angekündigt, bei der kommenden OB-Wahl parat zu stehen.

Dafür erntete der Geistliche nach eigener Aussage bislang fast einhellig Zustimmung.

Ex-Pfarrer aus der Kölner Südstadt im Interview über seine Pläne

Das Interview!

Wie ist das Echo auf die Ankündigung?

Mörtter: Ich habe gesagt: Ich bin bereit. Aber das ist keine Kandidatur. Ich habe noch vieles zu klären.

Aber ich bin völlig platt von der Reaktion. ich kriege viel Zustimmung, z B aus dem CDU-Lager. Ich bekomme Mails: Kann ich Sie unterstützen? Die Leute sagen mir: Köln dreht sich im Kreis, jeder kocht sein Süppchen. Und ich komme halt von außerhalb, das wissen die Leute. Die Hoffnung ist nicht gestorben, dass in der Stadt noch was zum Guten passieren kann.

Aber was haben Sie denn für Erfahrung mit / in der Verwaltung?

Mörtter: Alle, die bisher Erfahrung mit Verwaltung hatten, sind damit gescheitert. Weil Gleiches mit Gleichem nicht funktioniert. Ich habe kein Problem mit der Verwaltung. Gut, in der Corona-Zeit gab es Themen mit dem Ordnungsamt. Aber das war eine andere Leitung. Der Fisch stinkt immer vom Kopf her, da lief was schief und das habe ich benannt.

Grundsätzlich habe ich aber einen guten Draht in die Verwaltung. Ich kenne da eine ganze Menge Leute, die top sind. Aber zum großen Teil frustriert. Sie wissen: Machst du einen Fehler, macht es Zack.

Sind Sie zu unbequem?

Mörtter: Ich bin echt. Ich kenne Amtsleiter, Abteilungsleiter, das sind gute Verhältnisse. Ich begegne den Leuten als Mensch, das ist ein ganz anderer Schlüssel.

Wenn die Kölner*innen mich wählen werden, würde ich sofort diese Leute zusammentrommeln und sagen: Wie kriegen wir da wieder eine Motivation rein? Dazwischen gibt es natürlich Pleitegeier, wie überall. Aber die Mehrheit kann man motivieren. Ich würde sagen: Traut Euch Fehler zu machen.

Was sind aktuell die größten Missstände in der Stadt, die man anpacken müsste?

Mörtter: Die Gleichzeitigkeit der Baustellen ist erschreckend. Die Situation der Obdachlosen ist katastrophal. Das ist ein hilfloses Hantieren trotz großer Anstrengungen. Alle regen sich darüber auf, aber es passiert nix.

Von welcher Partei könnten Sie sich vorstellen, sich aufstellen zu lassen? Ist das die CDU?

Mörtter: Ich denke es sind eher die SPD oder Grünen. Nachdem Henriette Reker als Parteilose OB geworden ist, sind die wohl alle „geschädigt“. Und auf der Suche nach eigenen Leuten. Von denen man weiß, dass sie zu deren System gehören.

Henriette Reker. Foto: Bopp

Ist Frau Reker noch tragbar?

Mörtter: Ich denke, dass sie viel vor hatte. Aber auch gleichzeitig Gefangene des Systems ist. Dass sie nicht die Kraft und Stärke hatte, draufzuhauen – und sie hatte zuwenig Verankerung in der Öffentlichkeit.

Bei den Themen Geißbockheim, Oper, Ordnungsamt?

Mörtter: Beim Thema Ordnungsamt hätte sie viel früher eingreifen müssen. Da gab es keinen Dialog. Der Unterschied zu mir ist, dass ich eine breite Öffentlichkeit hinter mir habe. Das war schon zu meiner Kirchenzeit so.

Als ich z.B. die erste Schwulenhochzeit gemacht habe, hing ich schon fast am Colonius. Aber ich hatte Unterstützer, die Kölnerinnen und Kölner standen hinter mir. Mein Anspruch ist: Zusammenarbeit in der Sache, keine Parteilinien.

Ich bin kein klassischer Grüner. Ich kann genauso mit der CDU gut reden. Ich möchte lösungsorientiert sein.

Hans Mörtter

Wie gehen Sie mit der AfD um? Offenes Visier oder Ignorieren?

Mörtter: Ignorieren oder vorführen bzw. entlarven. Ich denke daran, mit einem Bus in die Problembezirke Samstag mittags mit bekannten Bands zu fahren und mit den Menschen vor Ort über die Probleme zu sprechen, was sie juckt, zuzuhören.

Und aufzuklären über die wahren Ziele des AfD. Dass sie z.B. die Steuern für Reiche senken wollen, Arbeitslose zu vorgeschriebener Arbeit zwingen wollen. Das sind keine Vertreter der Armen.

Foto: Bopp

Treten Sie auch deshalb an? Um ein Zeichen zu setzen in der zunehmenden Radikalisierung?

Mörtter: Ja, die AfD ist ein No Go. Denn ihr Ziel ist es, wie in Ungarn, die Demokratie abzuschaffen.

Ihre Meinung zum Thema Migration – Muss mehr abgeschoben werden?

Mörtter: Es gibt kein schwarz-weiß. Man muss genau hingucken. Es gibt Grenzen, da bin ich auch für Abschiebung. Da ist mir der Dialog mit dem Ausländeramt wichtig. Da habe ich bei brenzligen Fällen gute Erfahrungen gemacht. Mit Menschen, die keine Chance in Köln hatten und dann eine bekamen.

Parallel würde ich mich dafür einsetzen, dass es verkürzte Ausbildungen gibt. Dass man keinen B1-Abschluss braucht, um überhaupt arbeiten zu können. Es geht darum: Wie fördere ich Menschen, die hierher kommen, dass sie sich verständigen können?`

Fürchten Sie, auf die Südstadt reduziert zu werden?

Mörtter: Ich denke es hat sich rumgesprochen, dass ich z.B. auch in Buchheim, Chorweiler oder dem Jugendzentrum auf dem Kölnberg helfe.

Mann des Dialogs: Hans Mörtter. Foto: Bopp

Was ist jetzt der Fahrplan?

Mörtter: Bis Sommer will ich sehen: Was tut sich, wer meldet sich bei mir, was tut sich bei den Parteien? Ich kann mir auch vorstellen, ganz alleine loszuziehen und am Ende die Parteien einzuladen, die mir nahe sind und zu fragen: Das sind meine Punkte, wollen wir uns einigen? Das kostet Geld, da brauche ich Unterstützung, die kann ich selbst nicht bezahlen.

Wer kann in Ihrem Team dabei sein?

Mörtter: Mein Thema ist Aufbruch. Ein Freund von mir ist Karten Schwanke. Einer der Klima-Experten in Deutschland, den ich gerne als Berater in meinem Team hätte. Wir müssen uns darauf einstellen, was kommt. Das wird dramatisch werden. Es wird weit über 40 Grad geben. Die Zeichen sind eindeutig. das ist kein Klimawandel, das ist eine Klimakatastrophe. Und das ist noch nicht in den Köpfen drin.

Und dann kann man nicht auf bequeme, kölsche Art sagen: Wir machen mal ne Arbeitsgruppe. Sehen Sie sich die Bürgerbeteiligungen an, wieviel Frustration es da gibt. Mitten auf der Fahrt stoppt so oft das Ding. Bei Faulheit und Dummheit geht das kölsche Grundgesetz „Et hätt noch immer jot jejange“ schief.

Als Kirchenmann habe ich gelernt, ich muss nach außen gehen. Im innerkirchlichen System komme ich nicht weiter. Mit der Stadt Köln ist das ähnlich. Wir haben so hoch motivierte Leute, wie z.B. so viele Architekten, deren Kompetenz möchte ich abfragen. Wir brauchen auch Jugendvertretungen, die Rechte und finanzielle Mittel haben.

Hans Mörtter im März 2018 als Pfarrer der Lutherkirche. Foto: Bopp

Würde Köln mit Hans Mörtter zu grün?

Mörtter: (lacht) Dann würde die Luft besser. Das stimmt überhaupt nicht, ich bin kein klassischer Grüner. Ich kann genauso mit der CDU gut reden. Ich möchte lösungsorientiert sein.

Es wird eine spannende Zeit!

Mörtter: Es ist viel möglich. Man muss verrückt sein sowas freiwillig zu machen. Mir geht es gut, ich brauche nix. Ich mach genug. Aber mir geht es um die Stadt und ihre Menschen.

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